Podcast: Die Schöne und das Biest. #03 Daniel Landau

Daniel Landau.
Über die Erziehung zum Schönen

In der dritten Folge des Podcasts »Die Schöne und das Biest. Warum schöne Organisationen die Welt verändern« sprechen Unternehmensberater und Change Management Experte Lothar Wenzl und die Journalistin, Autorin und bekennende Feministin Mari Lang mit Daniel Landau Er ist ausgebildeter Dirigent und Gründer zahlreicher Bildungsinitiativen. Ein Podcast über Erziehung und Bildung, den Fokus auf Potenziale und wie unsichere Zeiten Fortschritt in Organisationen bringen.

»Bildung ist der entscheidende Schlüssel. Wir haben nichts, das uns so wertvoll unser Leben lang begleiten wird, wie das, was uns über Bildung, über Sozialisierung ermöglicht wird, was wir uns selber erarbeiten. Weil auch dafür haben wir eine Verantwortung.«

Daniel Landau
Daniela Landau Dirigent und Gründer zahlreicher Bildungsinitiativen

Daniel Landau studierte Betriebswirtschaftslehre an der WU und ist Diplompädagoge für die Fächer Musik und Mathematik.

Seit 2010 ist er zudem Geschäftsführer des Kulturcafés Tachels im zweiten Wiener Gemeindebezirk.

Seine Begeisterung für Musik lebt er als Dirigent aus und ist seit 1990 künstlerische Unterstützung im Konservatorium Prayner.

Daniel ist Gründer zahlreicher Bildungsinitiativen wie das Bildungsvolksbegehren, zukunft.bildung und jedes K!nd.

Wir wollen nicht nur über das Besser werden reden, wir wollen tatsächlich besser werden. Senden Sie uns Feedback an dieschoeneunddasbiest@trainconsulting.eu.

Wer nicht hören will, muss lesen! Hier der Podcast zum Nachlesen:

»Die Schöne und das Biest. warum schöne Organisationen die Welt verändern.«
Ein Podcast von Mari Lang und Trainconsulting Geschäftsführer Lothar Wenzl.

Lothar Wenzl: (Musik) so ein Happy Community Feeling.

Mari Lang: Lothar?

Lothar Wenzl: Sonne, Strand kommt bei mir und das ist natürlich wunderbar.

Mari Lang: Schöne Musik?

Lothar Wenzl: Nein, würde ich nicht sagen. Schön wäre nicht das erste Wort, das mir eingefallen wäre, aber freudvolle.

Mari Lang: Ich bin gespannt, was ihr zur nächsten Nummer sagt.

Musik.

Mari Lang: Ist jetzt gemein, wenn ich abbreche, aber wir haben nicht so viel Zeit. Aber vielleicht muss ich es kurz kommentieren, weil man uns nicht sehen kann. Ihr habt euch während dieses Stückes recht verändert.

Daniel Landau: Kein Wunder, ich bin gerade ganz froh, dass man es nicht sieht. In meinen Augen stehen ein bisschen Tränen und wahrscheinlich fließt gleich eine. Schöne Tränen, wenn man das so sagen kann, ebenfalls ein bisschen glücklich, aber das geht mir immer bei der Musik so.

Auch hier hängt es mit Assoziationen zusammen, einerseits an so manche schöne Musikstunde, wo es tatsächlich gelungen ist, den jungen Damen und Herren die Freude und Lust an dieser Musik zu vermitteln. Und ganz konkret habe ich vor etwas längerer Zeit einen Abend in der Josefstadt veranstalten dürfen gegen Unrecht, wo es um Asylentscheide und anderes gegangen ist. Und da habe ich bloß den Abend gerade mit der Musik eröffnet.

Lothar Wenzl: Und hier, das ist einfach schweben, schweben, schweben dem Himmel verbunden sein. Das war es bei mir gerade.

Mari Lang: Wenn ich euch zuhöre, kommt der Begriff schön total. Ich habe noch ein Stück vorbereitet.

Musik.

Mari Lang: Ich wünschte wirklich, man könnte uns sehen, weil es passiert tatsächlich beim Zuhören etwas mit uns. Und das ist zum Beispiel ein Stück Musik, wo mir das Herz aufgeht. Die würde ich als hundert Prozent schön beschreiben. Alleine die Stimme, die Musikerin heißt Roska und da bekomme ich Gänsehaut. Es ist eher nicht so eure Definition von schöner Musik?

Daniel Landau: Das ist ganz interessant, weil ich das Wort schön, natürlich ist schön und Musik eine Paarbeziehung, aber ich verwende es gar nicht oft im Kontext, sondern ich versuche, das zu beschreiben, was mit mir passiert. Und ich bin alt genug, dass ich tatsächlich überall sehr persönliche Anhängsel habe und an viele Stücke, sehr konkret über Yes we Care. Ansonsten ist es eine Musik, die mich ganz fein in ein abendliches Bierambiente hebt. Irgendwie habe ich gerade etwas Durst bekommen.

Mari Lang: Die Schöne

Lothar Wenzl: und das Biest.

Mari Lang: Warum schöne Organisationen die Welt verändern. Ein Podcast von

Lothar Wenzl: Marie Lang

Mari Lang: und Trainconsulting Geschäftsführer Lothar Wenzl. Hallo und willkommen. Heute haben wir mit Musik begonnen, weil das ganz viel mit unserem Gast zu tun hat. Daniel Landau hat 2022 den großen Ukraine Benefiz Tag am Wiener Heldenplatz mitorganisiert und er ist gelernter Dirigent. Deshalb gab es heute zur Vorspeise ein paar Töne von Gustav Mahler. Jetzt ganz offiziell herzlich willkommen bei Die Schöne und das Biest.

Daniel Landau: Danke für die liebe Einladung.

Mari Lang: Lothar, Daniel war dein Wunschgast. Magst du kurz sagen, warum du genau ihn eingeladen hast für dieses Gespräch?

Lothar Wenzl: Da gibt es viele Gründe, ein paar waren schon zu hören und zu spüren. Wir kennen uns seit 35 Jahren, ich habe noch einmal nachgedacht, aus der Musik. Wir haben gemeinsam im Chor gesungen und uns dort schätzen und lieben gelernt und wir haben uns wiedergefunden in den letzten Jahren.

Daniel Landau: Nie ganz aus den Augen verloren.

Lothar Wenzl: Und für mich ist Daniel der Inbegriff eines durch und durch sozialen Menschen, der aus seinem Herz heraus agiert. Für Fairness, für Gerechtigkeit, für letztlich das Schöne in dieser Welt, oder schöne Organisationen, für eine bessere Welt nennen wir es, für eine gute Welt kämpft.

Mari Lang: Ich habe mir gedacht, als ich mir deine Biographie angeschaut habe, Daniel, du bist ausgebildeter Dirigent, hast Betriebswirtschaftslehre studiert, bist dann AHS Lehrer für Musik und Mathematik geworden.

Du engagierst dich, wie Lothar gesagt hat, seit vielen Jahren vor allem in Bildungsfragen, unter anderem hast du das Bildungsvolksbegehren 2011 mitinitiiert und bist derzeit der Flüchtlingskoordinator der Regierung in Sachen Bildung. Inwiefern würdest du den Begriff Schönheit in Bezug auf Bildung sehen? Wann ist Bildung eine schöne Bildung?

Daniel Landau: Erst einmal glaube ich, dass es so etwas neben dem unmittelbaren Kern noch eine Verantwortlichkeit für uns alle gibt, die jungen und älteren Menschen zum Guten, Wahren und Schönen zu erziehen. Ich glaube, das war sogar einmal der Zielparagraph im entsprechenden Gesetz zur Bildung. So etwas wie zu öffnen für die Schönheiten, für die guten Seiten des Lebens, weil das so eine Art Grundbedingung ist, wahrscheinlich auch mit dem anderen Wesen. Und ich achte, dass das soziale Wesen in eine gute Zweisamkeit oder in ein gutes gemeinsames Wir kommt.

Aber ganz pragmatisch hat schön und Bildung etwas damit zu tun. Für mich bedeutet schön auch, wenn ich die Augen von jungen Menschen sehe, wie sie leuchten, wenn ihnen etwas gelingt. Ich definiere Glück oder Schönheit ganz viel, ganz egoistisch betrachtet als das, was ich in den Augen von anderen Menschen sehe. Ich betrachte mich wirklich gerade mit dieser aktuellen Aufgabe als privilegiert, einen kleines Stück beitragen zu können, Menschen mit diesen leuchtenden Augen zu sehen.

Noch einmal mehr, wenn es junge sind, oder wenn da etwas gelungen ist, wenn sie etwas verstehen, wenn sie ein Stück Weg weiter gehen konnten. Und da ist Bildung der entscheidende Schlüssel. Wir haben nichts, das uns so wertvoll unser Leben lang begleiten wird, wie das, was uns über Bildung, über Sozialisierung ermöglicht wird, was wir uns selber erarbeiten. Weil auch dafür haben wir eine Verantwortung.

Mari Lang: Wir laden uns hier immer sehr interessante Gäst:innen ein, die so allumfassend aus vielen Bereichen des Lebens kommen, und versuchen das dann umzumünzen auf deine Haupttätigkeit, Lothar, die Unternehmensberatung und diese schönen Organisationen für eine bessere Welt.

Ich nehme jetzt ein paar Begriffe heraus, die Daniel gerade genannt hat, das Gelingen, die leuchtenden Augen. Und das spielt doch sehr in deine Tätigkeit hinein, wenn du mit Unternehmen arbeitest. Es wird vielleicht ein bisschen zu stark fokussiert auf das Negative, auf das, was alles nicht funktioniert, und da sind wir wieder bei der Bildung?

Lothar Wenzl: Das ist mit der Bildung ganz eng verknüpft, mit dem Bildungssystem, wie wir Bildung verstehen, mit Noten, mit Einschätzungen, wo dann viele immer noch mit Rotstift die Fehler eintragen und danach die Note festlegen. Und Lehrer:innen, oder schöne Lehrer:innen machen das anders, oder versuchen weitgehend das anders zu machen. Und so sind wir konditioniert in dieser Welt.

Wir sind alle so erzogen, so konditioniert, auf das zu schauen, was nicht funktioniert und das auszumerzen. Dort liegt aber weder Energie noch Kraft, noch Liebe, noch sonst etwas, aber das ist das, was tief eingegraben ist in unserer Sozialisierung, oder in unserer Bildungsherkunft.

Und nur aus der reinen Effektivität oder Effizienzsicht kann man aus dem guten Gelingen viel mehr lernen, wir sind es nur nicht gewohnt. Das finde ich nach wie vor etwas, was uns bewegt. Und das versuchen wir bei Trainconsulting massiv in den Vordergrund zu rücken, dass in den Organisationen in der Welt viel passiert, was wir als Ressourcen begreifen können. Weil nur, wenn etwas gelingt, ist es noch keine Ressource, erst wenn wir Bewusstsein darüber haben und wissen, was ist da genau gelungen und wie habe ich dazu beigetragen. Dann wird es zu einer Ressource, auf die man wieder zugreifen kann.

Mari Lang: Was mir dazu einfällt, wenn ich mir deine Biographie anschaue, ist mir aufgefallen, du hast immer wieder viele neue Dinge gemacht, hast versucht, dich umzuorientieren, hast den Fokus noch stärker geschärft. Ist das ein bisschen das Problem, dass man junge Menschen dahin sozialisiert, dass sie das Gefühl bekommen, du musst dich jetzt mit zehn Jahren entscheiden und das ist dann dein weiterer Weg für immer?

Daniel Landau: Klingt ganz katastrophal früh. Das ist die dümmstmögliche Entscheidung, Menschen mit einem völlig unprognostizierbaren Alter von zehn Jahren schon dermaßen in zwei Gassen zu stecken, in Wahrheit noch drei, wenn man das immer noch existierende Phänomen Sonderschule, ein Ärgernis sondergleichen, dazunimmt, aber sagen wir einmal, zwei Hauptzüge. Der frühere Ansatz aus dem 19. Jahrhundert noch stammend, es gäbe so etwas wie Kopfmenschen und Handmenschen ist absurd, überholungsbedürftig und kein Mensch weiß, wo jemand mit zehn hingeht.

Da schon zu trennen ist absurd, aber sonst bin ich bei dir. Ich bin selbst wahrscheinlich ein hoffentlich lebensbegleitend, oder lebenslang Suchender und habe das Glück, die Möglichkeiten bekommen, mich umzuorientieren, oder Schwerpunkte neu zu schärfen, Verschiedenes zu probieren, was einen auch unabhängiger macht. Aber ich glaube, heutzutage muss man fairer Weise die jungen Menschen darauf vorbereiten, dass sie nicht nur einen Weg gehen werden können. Wir haben die Pflicht, die Pflicht in einem Bildungssystem, die Kinder und junge Menschen so weit zu öffnen, bereit zu machen, dass sie alle möglichen Wege in Zukunft gehen können.

Sie neugierig zu halten und ihnen zuvorderst die Lust am Lernen, am Lieben, am Leben möglichst noch nicht zu nehmen. »Nur« unter Anführungszeichen. Im täglichen Alltag weiß ich von meinem Kolleginnen in den Schulen, ist das leichter gesprochen als getan. Dabei bräuchte es noch ganz viel gesellschaftliche Unterstützung.

Mari Lang: Legen wir das, Lothar, auf Unternehmen um. Da war jetzt vieles dabei, was nicht nur auf Kinder und junge Menschen zutrifft, sondern natürlich auch auf Organisationen und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wie Flexibilität, Neugier, die Lust am Lernen, weil unsere Gesellschaft und die Welt nicht stehenbleibt, sondern sich stetig verändert. Inwiefern sind Organisationen gefragt, darauf zu reagieren?

Lothar Wenzl: Die Unternehmen, oder Organisationen haben das fast systemisch eingebaut als Notwendigkeit. Nicht, dass sie es immer so toll machen, aber das Reagieren eines lebenden Systems, eine Organisation ist ein lebendes System wie ein Mensch, der ununterbrochen schauen muss, dieser Organismus Organisation, was sich in der Umwelt abspielt und was sich daher im Inneren tun und verändern muss. Das Problem ist nur sehr häufig, es wird fast immer auf die Personen gelegt, von den alten Heldenmythen bis zur Überforderung.

Du hast gerade ein systemisches Problem genannt in der Schule, es wird alles auf den Lehrer, die Lehrerin, oder in Organisationen alles auf die Führungskräfte, oder Expertinnen gelegt, anstatt am System zu arbeiten. Das System so zu verändern, dass innen etwas anders möglich wird, oder sogar innen gar nicht mehr anders gehandelt werden kann als in die Richtung, die Sinn macht. Und das ist das, woran wir arbeiten. Das braucht es übrigens in der Gesellschaft, ebenfalls im politischen System. Natürlich bräuchte es das, aber für Organisationen heißt das, am System arbeiten, Strukturen so zu verändern, Glaubenssätze so zu verändern, dass die Menschen fast gar nicht mehr anders können, als ein gewisses Verhalten zu zeigen. Zum Beispiel, auf das Positive zu schauen und nicht nur auf das Negative, oder in einen Dialog zu gehen und ganz selbstverständlich neugierig nachzufragen, um zu verstehen und nicht nur, um zu argumentieren.

Um zwei Themen heranzuziehen, da haben wir wahrscheinlich eines der wichtigsten Phänomene, dass nirgendwo gelehrt, gelernt wird mit Unsicherheit umzugehen, mit Scham, mit Scheitern. Mit Unsicherheit, du hast es gerade erwähnt Daniel, diese Welt, die völlig unprognostizierbar geworden ist. Wie gehen wir mit dieser Unsicherheit um, die eingebaut ist in dieser Welt? Das haben wir nirgendwo gelernt, das wird nach wie vor nirgendwo gelehrt und das wäre eine der wichtigsten Kompetenzen, oder die zwei. Neugierig zu sein, du hast es schon genannt und Unsicherheit nicht nur auszuhalten, sondern sie zu umarmen.

Mari Lang: Diese Unsicherheit ist ja mehr als genug auch spürbar gewesen als die Corona Pandemie begonnen hat. Das führt mich zu deiner Initiative Yes, we care, wo es darum ging, dass man Pflegekräfte und die Menschen, die unser System erhalten haben, dass man denen einmal als Zeichen dankt. Dass man aber ebenfalls die Corona Opfer noch einmal würdigt, derer gedenkt. Und kannst du diesen unsicheren Zeiten auch etwas Positives abgewinnen?

Daniel Landau: Auf jeden Fall, ich glaube, dass Unsicherheit immer auch eine Form von Bewegung und damit Fortschritt inkludiert. Sicherheit inkludiert, wenn man es im Negativen sieht – und ich weiß zugleich, was für ein hoher Wert Sicherheit für Menschen darstellt. Auch für mich. Aber es inkludiert immer wieder eine gewisse Starrheit und eine zwar positiv betrachtete Stabilität, aber negativ betrachtet ein nicht auf die sich real verändernden Umstände reagieren wollen.

Das Thema Inklusion ist eines, das gut kolorieren kann, was Lothar so schön gesagt hat. Die Frage von Behinderung, ich benenne es jetzt bewusst so, egal ob körperlich, oder geistig, kognitiv und wie man in der Gesellschaft damit umgeht. Wie man gerade hier beobachten kann, was passiert, wenn man Menschen mit Beeinträchtigungen in ihren positiven Fähigkeiten wahrnimmt mit dem, was sie können, was sie großartig machen. Und eben nicht immer am Defizit nur festmachen, was sie alles nicht können auch da noch koloriert mit einem Beispiel. Heute wo Inklusion im Bildungssystem beginnend seit über zwanzig Jahren nahezu lückenlos gelebt wird.

Aber auch in der Gesellschaft, begegnet man einem jungen Burschen, den ich kenne, im Supermarkt, der kognitiv beeinträchtigt ist. Und der das Talent hat, dass er sich alle Inhaltsstoffe von allen Produkten hervorragend merkt. Der ganz genau weiß, was im Moment, wo er steht und wo dutzende ältere Damen und Herren zuallererst zu ihm gehen, ihn begrüßen und sagen: »Ich brauche das und das.« Und der führt in seinem ihm eigenen Fokus, den er hat mit dem Asperger, die Menschen zielsicher hin, kann alles erklären, wofür das gut ist und schlecht. Und das ist der beliebteste Verkäufer in diesem ganzen Lebensmittelgeschäft. Der Blick auf das Potenzial, der Blick auf die Stärke, der Blick auf das, was du gut kannst und auf einer anderen Seite natürlich auch ein Absichern dessen, wo du Unterstützung brauchst, das nimmt die Unsicherheit.

Mari Lang: Inklusion ist etwas, das Daniel Landau sehr, sehr wichtig ist. Lothar, wenn man wieder auf die Wirtschaftswelt geht, ist das Stichwort, das da sehr oft kommt, Diversität, auch unterschiedliche Menschen einbeziehen, deren Stärken stärker in den Vordergrund bringen. Magst du da etwas dazu sagen, wie Organisationen Diversität besser nutzen und nützen können?

Lothar Wenzl: Da bin ich noch kritisch, weil Diversität in den Unternehmen sehr häufig ein ökonomisches Konstrukt ist, oder zumindest so daher kommt. Diverser sein im Inneren, damit man den Markt besser versteht und besser abbilden kann. Daran ist nichts falsch, so können wir es stärker in die Unternehmen bringen, pragmatisch in Ordnung. Aber an vielen Stellen, ähnlich wie in der Gesellschaft, ist noch nicht verstanden worden, was Diversität oder Inklusion heißt. Nämlich, dass, wie du sagst, alle hier teilhaben können und teilhaben müssen, weil wir nur im Sozialen überleben können.

Wir kommen über das Du zum Ich, wir sind überall sozial. Dieser Gedanke von Inklusion, und dass Inklusion die ursächlichste Aufgabe einer Gesellschaft ist. Wir merken ja, wir müssen darüber die ganze Zeit reden. Da sieht man auch wie defekt die Gesellschaft im Moment ist, dass wir gar nicht darüber nachdenken, dass dieses Konzept ein völlig normales, menschliches Grundbedürfnis ist. Aber was ich sehe, dass sich Unternehmen jetzt, da hilft uns wieder eine Krise, oder die Unsicherheit draußen am Markt, der unglaubliche Mangel an Arbeitskräften, den wir haben, der in weiten Teilen beklagt wird, der aber ganz große Vorteile bringt. Weil die Organisationen sich nun tatsächlich tiefgreifend die Frage stellen müssen, wie muss ich mich als Organisation dazu stellen und verändern, damit überhaupt noch Menschen zu mir kommen.

Und dann muss man an den Arbeitsumfelder bauen, an den Arbeitsbedingungen, an den Einstellungen, an den Glaubenssätzen, zum Beispiel, ebenfalls über die Frage, wie gehe ich um mit Menschen mit Behinderung? Von ich musste sie einstellen, sonst musste ich in früheren Zeiten Strafe zahlen, hin zu, aha, da könnte ein Mehrwert darin liegen für mich als Organisation. Diese tiefe Beschäftigung kommt immer aus einer Notwendigkeit heraus.

Mari Lang: Gehen wir zum Wie. Du hast bekrittelt, dass Diversität oft nur im ökonomischen Kontext benutzt wird und das gar nicht so sehr das Dahinter betrachtet wird. Jetzt gehe ich in die Position einer Unternehmerin und sage, na gut, aber schlussendlich geht es darum, dass ich wirtschaftlich überlebe.

Ich habe Mitarbeiterinnen zu bezahlen, da geht es schlussendlich um das Geld und um den wirtschaftlichen Erfolg. Wie bekommt man jemanden wie mich, die sich so positioniert, dort hin, dass ich das Dahinter stärker erkennen kann, was wahrscheinlich, das ist ja die Versprechung dahinter, zum wirtschaftlichen Erfolg führen wird?

Lothar Wenzl: Du hast die Antwort aus meiner Sicht schon mitgeliefert, oder die Ansätze, die wir versuchen. Es geht immer um die Frage, was macht für mich Sinn? Und der Sinn ist etwas, was nur innen in uns erzeugt wird, oder in einer Organisation selber hoffentlich breit erzeugt wird. Da sind wir wieder bei den Glaubenssätzen. Wenn wir als Unternehmer, beispielsweise, als Unternehmenslenker ausschließlich daran glauben, dass ökonomisches Wachstum, oder Organisationen nur, um Profit zu machen, da sind, dann wird das mein Verhalten steuern. Das hat Auswirkungen, das hat immer einen Preis beispielsweise auf der Seite des Miteinanders, des Menschen-Ernstnehmens, den Sinn für viele Menschen zu kreieren, kann das eine negative Auswirkung haben.

Und diese Zusammenhänge klar zu machen, welche Glaubenssätze wir haben, wie die uns zu einem Verhalten bringen, scheint mir im Moment der wichtigste Schlüssel dazu zu sein. Und dass es jetzt am Ende des Tages für Unternehmen, die Wirtschaftskonstrukte sind, ebenfalls darum geht gut ökonomisch zu überleben, heißt noch lange nicht, dass das wichtigste Ziel ist, möglichst viel und immer mehr Profit zu machen.

Daniel Landau: Ich finde das mehr als legitim, Profit machen zu wollen, oder zu müssen, weil es eine wirtschaftliche Notwendigkeit ist. Ich finde jede Form von Mehrwert legitim. Mir ist durch den Kopf gegangen, wie du gerade gesprochen hast, die Worte Unsicherheit und Angst hängen schon in der Definition eng beieinander und das ist ernst zu nehmen. Um das in einen größeren Kontext zu bringen, Menschen haben Ängste vor Sprachen, die sie nicht verstehen, vor Kulturen, die sie nicht nachvollziehen können. Um das Thema anzusprechen, das bunte Miteinander, dass sich gerade in einer großen Stadt wie Wien vielfältig als Realität darlegt.

Ich glaube, diese Ängste sind anzusprechen. Und warum ich das in einen Zusammenhang bringe mit dem Profitversprechen, das wirtschaftliches Handeln in sich tragen kann, legitimerweise sogar muss? Ich glaube, dass wir über die Schaffung von sozialen Begegnungszonen, dem Kennenlernen voneinander, relativ rasch darauf kommen, dass wirklich realer Mehrwert aus Diversität entsteht.

Lothar Wenzl: Das finde ich insofern wichtig, weil das Thema, die Frage, wie entsteht Profit, oder was trägt dazu bei, dass eine Organisation ökonomisch erfolgreich ist, Profit macht? Die wird sehr eng geführt. Das ist deswegen, weil unser Verkauf gut organisiert ist und und wir gute Produkte haben. Was du gerade sagst, dass in Begegnungsräumen, Spaces that hold us, Räume, die uns halten, das wären diese Begegnungsräume, dass in diesen Mehrwert entsteht, ökonomischer Mehrwert. Dort entstehen Ideen, dort entsteht Anschlusskommunikation, dort entsteht Verständnis und damit eine bessere Stimmung, die dazu beiträgt, dass man sich anders zuhört, dass Ideen zusammenfließen.

Das ist natürlich ganz anders und viel schwieriger zu messen, aber es ist zu beobachten, als ich habe soundso viel Produkte verkauft und die Verkaufsmannschaften insgesamt besser, sie haben hunderttausend Verkaufsgespräche geführt. Natürlich kommt dann mehr Umsatz heraus, aber diese Facetten, die du ansprichst Daniel, werden in einer ökonomischen Bilanz nicht einmal in Rechnung gestellt, nicht einmal beobachtet. Und, wenn wir das beginnen, haben wir hier ebenfalls eine andere Form von Ökonomie am laufen.

Daniela Landau Dirigent und Gründer zahlreicher Bildungsinitiativen im Gespräch bei die Schöne und das Biest, ein Podcast von Trainconsulting

Mari Lang: Und was ich da noch hineinschicken möchte, ist, da spielt wahrscheinlich die Zeit eine große Rolle, weil beim ökonomischen, bei den Werten, das kannst du relativ leicht festmachen an einer gewissen Zeit, aber die Begegnungsräume, von den wir sprechen, das braucht alles bis Menschen in dem Bezug umlernen. Es hat oft mit einem Umlernen zu tun.

Ich habe schon viele Unternehmen von innen kennenlernen dürfen und da ist es oft so, es kommen Menschen von außen, die erklären, wie es besser wäre. Aber, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das annehmen, dass die Führungskräfte das wirklich leben, braucht Zeit. Und die Frage ist, wie geht man mit diesem Zeitfaktor um, wie viel Zeit haben wir?

Daniel Landau: Mir ist gerade ein Punkt eingefallen, der damit zusammenhängt. Die nächste, übernächste Revolution im Arbeitsfeld, wir sind wieder mittendrin, wird über kurz oder lang dazu führen, dass dem Wert von Zeit ein ganz besonderer Punkt zugemessen müssen werden wird. Ich bringe es in ein Feld, das mir wichtig ist und das gut zeigt, die Pflege. Eine industrialisierte Form von Pflege, wo du ein gewisses Minutenkontingent für gewisse körperliche Pflegetätigkeiten bei Menschen hast, wird überholungsbedürftig. Sie wird überführt werden müssen in eine qualitätsvolle Zeit, wo du dich mit den Menschen, die diese Pflege benötigen unterhalten müssen wirst, oder es ihnen schenkst. Das ist ein positiver Aspekt dessen.

Wenn die nächsten Überleitungen der Arbeitsprozesse Menschen freispielen werden, wenn es eine weitere Mechanisierung, Robotisierung, dass sehr viel mehr Fachleute sich dazu finden, dass die Menschen mehr Zeit haben, dass es so etwas wie ein bedingungsloses Grundeinkommen gibt. Ich sehe eine durchaus spannende Zeit, andere sehen hier eine kommende Unsicherheit und ich denke mir, machen wir die Menschen dazu bereit, offen zu sein. Zurück zur Bildung, ich glaube, dazu brauchen sie ganz stark Resilienzentwicklung, selber in sich ruhen, stabil zu sein und da hilft jede Form von Bindung und Bildung enorm.

Mari Lang: Wir hatten die unsicheren Zeiten zu Beginn unseres Gespräches und wir enden ebenfalls damit. Aber, was ich mir mitnehme ist, dass die unsicheren Zeiten nicht nur negativ zu betrachten sind. Was ich gelernt habe, unsichere Zeiten für vor allem in Organisationen zu Bewegung. Es zeigt uns, wir können nicht weitermachen wie bisher und das ist immer die Chance auf eine gute Veränderung. Vielen Dank.

Daniel Landau: Danke.

Mari Lang: Ich möchte gerne dieses Gespräch enden, wie wir es sehr oft hier tun. Wir wollen möglichst viele Inputs sammeln, wie Organisationen schöner werden können und wie unser aller Leben schöner werden kann, darum geht es schlussendlich.

Das gehört im Grunde alles zusammen und darum möchte ich auf Werte fokussieren. Ich stelle mir vor, nach ein paar Gesprächen, dass wir einen Wertesetzkasten hier haben. Und darum, Daniel, zum Schluss, welchen Wert möchtest du uns dalassen?

Daniel Landau: Ich weiß nicht, ob mir ein Wort dafür einfällt, aber ich glaube, dass wir alle, jede und jeder, egal wo wir stehen, wo wir uns befinden, dazu beitrage können, dass es dem anderen ein Stück weit besser geht. Das, was diesen Wert am ehesten als Wort beschreibt, ist so etwas wie Umsicht haben.

Mari Lang: Es darf auch eine Geschichte sein.

Daniel Landau: Ja.

Mari Lang: Wir haben Platz im Setzkasten.

Daniel Landau: Echt, ihr habt so viel Platz? Ich glaube, es ist gerechtfertigt, darauf zu achten, dass es dir selbst gut geht. Dass du Sachen machst, die dir gut tun und dort sind, glaube ich, dass es parallel immer möglich ist, nach links und rechts zu schauen und jemanden ein Lächeln zu schenken und zu fragen, oder ebenso sich selbst zu fragen in allem Respekt und aller Wertschätzung, was kann ich dazu beitragen, dass es ebenfalls der links und dem rechts ein Stück weit besser geht. Das denke ich mir nicht nur zu Weihnachten, sondern das ist ein Ganzjahresprogramm.

Mari Lang: Vielen Dank, Daniel. Lothar, von deiner Seite noch irgendetwas anzumerken?

Lothar Wenzl: Ich würde auf die gleiche Frage antworten mit Resonanz, wir haben mit Musik begonnen und der Begriff ist mit der Musik am besten fassbar. Ich würde uns allen Resonanz wünschen, das miteinander schwingen und da bin ich drin, der Andere drin und dann schwingen wir miteinander und dann wird es sofort schöner.

Mari Lang: Vielen Dank. Danke, dass du da warst, Daniel.

Daniel Landau: Danke für die Einladung.

Lothar Wenzl: Danke schön.

Mari Lang: Ja und natürlich auch danke Ihnen und euch für das Zuhören, ich hoffe wir sind heute ebenfalls miteinander geschwungen und das hat funktioniert. Wem es gefallen hat, abonniert den Podcast am besten gleich und gibt ihm eine Fünf-Sterne Bewertung. Und über eine weitere Empfehlung freuen wir uns immer. Bis zum nächsten Mal. Adios. Das war Die Schöne

Lothar Wenzl: und das Biest.

Mari Lang: Ein Podcast von

Mari Lang: Marie Lang

Lothar Wenzl: und Trainconsulting Geschäftsführer Lothar Wenzl.

Portrait von Lothar Wenzl

Lothar Wenzl

Systemischer Unternehmensberater für tiefgreifende Transformationsprozesse, die schöne und erfolgreiche Organisationen gestalten helfen.

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